Kapitel IV - Leidende Geister
Die Bestrafung
Allgemeine Beschreibung über den Zustand der Schuldigen bei ihrem Eintritt in die Welt der Geistwesen, mitgeteilt in der Spiritistischen Gesellschaft von Paris im Oktober 1860.
Böse, egoistische und hartherzige Geister werden unmittelbar nach dem Tod einem grausamen Zweifel über ihr gegenwärtiges und zukünftiges Schicksal überlassen. Sie sehen sich um und sehen zunächst keinen Gegenstand, an dem sie ihre boshafte Art auslassen könnten, und Verzweiflung ergreift sie, weil Einsamkeit und Untätigkeit für böse Geister unerträglich sind. Sie erheben ihren Blick nicht zu den Orten, die von reinen Geistern bewohnt werden. Sie betrachten aufmerksam, was sie umgibt und stellen bald die Niedergeschlagenheit der schwachen und bestraften Geister fest. Sie klammern sich an sie wie an eine Beute und bewaffnen sich mit der Erinnerung an deren begangenen Fehltritte, die sie ständig durch ihre spöttischen Gesten nachmachen. Da ihnen diese Verhöhnung nicht genügt, so stürzen sie sich wie hungrige Geier auf die Erde. Sie suchen unter den Menschen eine Seele, die ihnen einen leichteren Zugang für ihre Versuchungen ermöglicht, bemächtigen sich ihrer, steigern ihre Begehrlichkeiten, suchen ihren Glauben an Gott auszulöschen, und wenn sie sich endlich als Herr über ein Gewissen sicher wissen, verbreiten sie eine verhängnisvolle Ansteckung über alles, was sich ihrem Opfer nähert.
Ein böser Geist, der seine Wut ausübt, ist fast glücklich. Er leidet nur in den Momenten, in denen er nicht tätig ist, und auch in denen, in denen das Gute über das Böse siegt.
Währenddessen gehen die Jahrhunderte dahin, und der böse Geist sieht plötzlich Dunkelheit über ihn hereinbrechen. Sein Wirkungskreis verengt sich. Sein bis dahin stummes Gewissen lässt ihn den spitzen Stachel der Reue fühlen. Untätig, vom Strudel fortgerissen, wandert er umher und fühlt, wie die Schrift sagt, wie sich das Haar seines Fleisches vor Schrecken zu Berge stellt. Bald bildet sich eine große Leere in ihm. Die Zeit ist gekommen, er soll sühnen. Die Reinkarnation ist da, drohend. Wie in einer Spiegelung sieht er die schrecklichen Prüfungen, die ihn erwarten. Er möchte zurücktreten. Er geht vorwärts und wird in den gähnenden Abgrund des Lebens geworfen. Er wälzt sich verwundert herum, bis sich der Schleier der Unwissenheit über seine Augen legt. Er lebt, er handelt, er ist immer noch schuldig. Es regt sich eine unbestimmbare, unruhige Erinnerung in ihm, dunkle Vorahnungen, die ihn erzittern lassen, ihn jedoch nicht dazu bringen, vom Weg des Bösen abzulassen. Am Ende von Gewalttaten und Verbrechen wird er sterben. Auf einer Pritsche liegend oder auf seinem Bett, es spielt keine Rolle! Der Schuldige fühlt, dass er sich unter seiner scheinbaren Unbeweglichkeit bewegt und eine Welt von vergessenen Empfindungen lebt. Unter seinen geschlossenen Augenlidern sieht er einen Schimmer auftauchen, er hört seltsame Geräusche. Seine Seele, die im Begriff ist, seinen Körper zu verlassen, bewegt sich ungeduldig hin und her, während seine geballten Hände versuchen, sich an die Bettlaken zu klammern. Er möchte sprechen, möchte denen zurufen, die ihn umgeben: “Haltet mich zurück! Ich sehe die Strafe!” Er kann nicht. Der Tod legt sich auf seine blassen Lippen und die Anwesenden sagen: Nun hat er Frieden!
Er hört jedoch alles. Er umschwebt seinen Körper, den er nicht mehr hergeben möchte. Eine geheime Kraft zieht ihn an. Er sieht, er erkennt wieder, was er schon gesehen hat. Verzweifelt stürzt er sich in den Raum, in dem er sich verstecken möchte. Kein Rückweg offen! Keine Ruhe mehr! Andere Geister erwidern ihm das Böse, das er getan hat. Und gezüchtigt, verhöhnt, verwirrt seinerseits irrt er umher und wird umherirren, bis ein göttlicher Strahl in seine Verhärtung gleitet und ihn erleuchtet, um ihm den rächenden Gott zu zeigen, den Gott, der über alles Böse siegt, den er nun nicht anders als mit Seufzern und Wiedergutmachungsleistungen besänftigen kann.
Nie ist ein beredsameres, schrecklicheres und wahreres Bild vom Schicksal des Bösen gezeichnet worden. Ist es dann noch notwendig, seine Zuflucht zur Schilderung gespenstischer Flammen und körperlicher Qualen zu nehmen?
Novel
(Der Geist wendet sich an das Medium, das ihn zu Lebzeiten gekannt hatte.)
Ich werde dir sagen, was ich erlitten habe, als ich gestorben bin. Mein Geist, der durch materielle Fesseln an meinem Körper festgehalten wurde, hatte große Mühe, sich davon zu befreien, was eine erste und schwere Angst war. Das Leben, das ich mit 24 Jahren verlassen hatte, war noch so stark in mir, dass ich nicht an seinen Verlust glaubte. Ich suchte meinen Körper und war erstaunt und erschrocken, mich inmitten dieser Menge von Schatten verloren zu sehen. Endlich wurde ich mir meines Zustands bewusst und erkannte plötzlich die Fehltritte, die ich in all meinen Inkarnationen begangen hatte. Ein unerbittliches Licht erhellte die geheimsten Winkel meiner Seele, die sich nackt fühlte und dann von einer erdrückenden Scham ergriffen wurde. Ich versuchte, ihr zu entkommen, indem ich meine Aufmerksamkeit auf die neuen und dennoch vertrauten Gegenstände um mich herum richtete. Die strahlenden Geister, die im Äther schwebten, ließen mich ein Glück erahnen, auf das ich keinen Anspruch haben konnte. Finstere und trostlose Gestalten, einige in düstere Verzweiflung getaucht, andere ironisch oder wütend, glitten um mich herum und über die Erde, an die mein Dasein gefesselt blieb. Ich sah die sich hin und her bewegenden Menschen, deren Unwissenheit ich beneidete. Eine ganze Reihe unbekannter oder wiederentdeckter Empfindungen drangen gleichzeitig auf mich ein. Angetrieben wie von einer unwiderstehlichen Kraft, um diesem unerbittlichen Schmerz zu entfliehen, überwand ich Entfernungen, die Elemente, materielle Hindernisse, ohne dass die Schönheiten der Schöpfung oder der himmlische Glanz für einen Augenblick die Zerrissenheit meines Gewissens oder den Schrecken lindern konnten, den die Offenbarung der Ewigkeit mir verursachte. Ein Sterblicher kann äußerliche Qualen durch das Schaudern des Körpers ahnen und empfinden, aber eure vergänglichen Schmerzen, gemildert durch Hoffnung, abgeschwächt durch Ablenkungen, getötet durch Vergessen, können euch niemals die Ängste einer Seele verstehen lassen, die ohne Unterbrechung leidet, ohne Hoffnung und ohne Reue. Ich verbrachte eine Zeit, deren Dauer ich nicht abschätzen kann, beneidete die Erwählten, deren Glanz ich von ferne sah, verabscheute die bösen Geister, die mich mit ihrem Spott verfolgten, verachtete die Menschen, deren Schandtaten ich sah, und ging von einer tiefen Niedergeschlagenheit zu einer sinnlosen Empörung über.
Endlich hast du mich gerufen und zum ersten Mal beruhigte mich ein sanftes und zärtliches Gefühl. Ich habe den Belehrungen zugehört, die dir deine Führer geben. Die Wahrheit drang in mich ein und ich betete. Gott hat mich erhört. Er hat sich mir durch seine Milde offenbart, wie er sich durch seine Gerechtigkeit offenbart hatte.
Novel
Auguste Michel
(Le Havre, März 1863)
Er war ein reicher, lebenslustiger junger Mann, der reichlich und ausschließlich das materielle Leben genoss. Obwohl intelligent, so prägte doch Sorglosigkeit gegenüber ernsteren Dingen den Grundzug seines Charakters. Ohne Bosheit, eher gut als schlecht, wurde er von seinen Vergnügungsgenossen geliebt und wegen seiner Eigenschaften als Mann von Welt in der hohen Gesellschaft begehrt. Hatte er nichts Böses getan, so hatte er doch auch nichts Gutes getan. Er starb bei einer Spazierfahrt infolge eines Sturzes vom Wagen. Einige Tage nach seinem Tod wurde er von einem Medium, das ihn flüchtig kannte, angerufen und er machte nacheinander folgende Mitteilungen:
8. März 1863. Ich bin kaum von meinem Körper losgekommen, auch fällt es mir schwer, zu Ihnen zu reden. Der schreckliche Sturz, der meinen Körper sterben ließ, versetzt meinen Geist in große Verwirrung. Ich mache mir Sorgen darüber, was ich nun sein werde, und diese Ungewissheit ist grausam. Die schrecklichen Schmerzen, die mein Körper erlitten hat, sind nichts im Vergleich zu der Verwirrung, in der ich mich befinde. Beten Sie, dass Gott mir vergibt. Oh, welch ein Schmerz! Oh, Gnade, mein Gott! Welch ein Schmerz! Leben Sie wohl!
18. März. Ich bin bereits zu Ihnen gekommen, aber ich konnte nur unter großen Schwierigkeiten zu Ihnen sprechen. Selbst in diesem Moment kann ich mich Ihnen nur mühsam mitteilen. Sie sind das einzige Medium, das ich um Gebete bitten kann, dass die Güte Gottes mich aus der Verwirrung herausholt, in der ich mich befinde. Warum muss ich noch leiden, wenn mein Körper nicht mehr leidet? Wozu gibt es diesen schrecklichen Schmerz, diese schreckliche Angst noch? Beten Sie, oh, beten Sie, dass Gott mir Ruhe gewährt. Oh, welche grausame Ungewissheit! Ich bin immer noch an meinen Körper gefesselt. Ich kann kaum sehen, wo ich wohl sein mag. Mein Körper liegt dort und warum bin ich immer selbst da? Beten Sie für ihn, damit ich aus dieser grausamen Bedrängnis befreit werde. Gott wird mir, so hoffe ich, in seiner Güte vergeben. Ich sehe die Geister, die Ihnen nahe sind und durch sie kann ich zu Ihnen sprechen. Beten Sie für mich!
6. April. Ich bin es, der zu Ihnen kommt, um Sie zu bitten, für mich zu beten. Es wäre notwendig gewesen, an den Ort zu kommen, wo mein Körper liegt, um den Allmächtigen zu bitten, meine Leiden zu lindern. Ich leide, oh, ich leide. Gehen Sie an jenen Ort, es ist notwendig, und richten Sie ein Gebet an den Herrn, damit er mir verzeihe. Ich sehe, dass ich ruhiger sein könnte, aber ich komme immer wieder an den Ort zurück, an dem man das, das mein Ich war, niedergelegt hat.
Das Medium konnte sich das Drängen des Geistes nicht erklären, der von ihm verlangte, zu seinem Grab zu gehen und zu beten. Es hatte es versäumt, dies zu tun. Trotzdem war es später dort und erhielt folgende Mitteilung:
11. Mai. Ich habe auf Sie gewartet. Ich sehnte die Stunde herbei, dass Sie an den Ort kommen würden, wo mein Geist an seine Hülle geheftet zu sein scheint, um den Gott der Barmherzigkeit anzuflehen, damit seine Güte meine Leiden lindert. Durch Ihre Gebete können Sie mir Gutes tun. Lassen Sie darin bitte nicht nach. Ich flehe Sie an! Ich sehe, wie mein Leben im Gegensatz zu dem stand, was es hätte sein sollen. Ich sehe die Fehltritte, die ich gemacht habe. Ich war ein nutzloses Wesen in der Welt. Ich habe von meinen Fähigkeiten keinen guten Gebrauch gemacht. Mein Vermögen hat nur dazu gedient, meine Leidenschaften, meinen Luxus und meine Eitelkeit zu befriedigen. Ich dachte nur an die Genüsse des Körpers und nicht an meine Seele. Wird die Barmherzigkeit Gottes über mich herabkommen, zu mir, einem armen Geist, der noch immer unter seinen irdischen Fehltritten leidet? Beten Sie, dass Gott mir vergibt und dass ich von den Schmerzen befreit werde, die ich immer noch fühle. Danke, dass Sie gekommen sind, um für mich zu beten.
8. Juni. Ich kann mit Ihnen sprechen, und ich danke Gott, dass er es erlaubt hat. Ich habe meine Fehltritte gesehen und hoffe, dass Gott mir vergeben wird. Folgen Sie in Ihrem Leben immer dem Glauben, der Sie beseelt, denn er behält Ihnen für später eine Ruhe vor, die ich noch nicht habe. Vielen Dank für Ihre Gebete. Auf Wiedersehen.
Bemerkung: Das Drängen des Geistes darauf, an seinem Grab zu beten, ist eine bemerkenswerte Besonderheit. Sie hat aber ihren Grund, wenn man bedenkt, wie hartnäckig die Bande waren, die ihn an seinem Körper hielten. Und wie lang und schwierig die Trennung war, aufgrund der materiellen Einstellung seiner Lebensführung während seiner Inkarnation. Man versteht, dass, wenn man sich dem Körper näherte, das Gebet eine Art magnetische Wirkung ausüben konnte, die eine größere Kraft hatte, um die Befreiung zu erleichtern. Sollte die fast allgemeine Praxis, bei den Körpern der Verstorbenen zu beten, nicht von der unbewussten Intuition kommen, die man von dieser Wirkung hat? Die wirksame Kraft des Gebets hätte in diesem Fall sowohl moralische als auch materielle Ergebnisse.
Klagen eines Lebemannes
(Bordeaux, 19. April 1862)
30. Juli. Ich bin jetzt weniger unglücklich, weil ich die Kette nicht mehr spüre, die mich an meinen Körper fesselte. Ich bin endlich frei, aber ich habe für die Sühne nicht genug getan. Ich muss die verlorene Zeit nachholen, wenn ich meine Leiden nicht verlängert sehen will. Gott, so hoffe ich, wird meine aufrichtige Reue sehen und mir seine Vergebung gewähren. Betet weiter für mich, ich bitte euch darum.
Meine Brüder und Schwestern, ich habe nur für mich gelebt. Heute büße ich es und ich leide! Möge Gott euch die Gnade gewähren, die Dornen zu meiden, an denen ich mich verletzt habe. Wandelt auf dem breiten Weg des Herrn und betet für mich, denn ich habe die Güter missbraucht, die Gott seinen Geschöpfen leiht!
Wer die Intelligenz und die guten Gefühle, die Gott in ihn gelegt hat, animalischen Instinkten opfert, gleicht dem Tier, das er oft misshandelt. Der Mensch soll in Maßen die Güter nutzen, deren Verwalter er ist. Er soll sich daran gewöhnen, nur im Hinblick auf die Ewigkeit, die ihn erwartet, zu leben und sich folglich von materiellen Genüssen zu lösen. Seine Ernährung sollte keinen anderen Zweck haben als seine Lebenskraft aufrechtzuerhalten. Sein Luxus soll sich den strengen Bedürfnissen seiner Position unterordnen. Sein Geschmack, sogar seine natürlichen Neigungen sollen von der stärksten Vernunft gelenkt werden, sonst verhaftet er im Materiellen, anstatt sich zu reinigen. Menschliche Leidenschaften sind ein enges Band, das sich ins Fleisch eingräbt, zieht es nicht noch enger. Lebt, aber seid keine Lebemänner. Ihr wisst nicht, was es kostet, wenn man in die Heimat zurückkehrt! Irdische Leidenschaften berauben euch, bevor sie euch verlassen, und ihr kommt nackt, völlig nackt bei dem Herrn an. Bedeckt euch mit guten Werken. Sie werden euch helfen, den Raum zu durchqueren, der euch von der Ewigkeit trennt. Ein strahlender Mantel wird eure menschlichen Fehltritte verbergen. Hüllt euch in Barmherzigkeit und Liebe, diese göttlichen Gewänder, die nichts fortnimmt.
Belehrung des geistigen Mentors des Mediums: Dieser Geist ist auf dem richtigen Weg, da er zur Reue Ratschläge hinzufügt, um wachsam vor den Gefahren des Weges zu bleiben, den er eingeschlagen hatte. Das Eingestehen des eigenen Unrechts ist bereits ein Verdienst und ein tatsächlicher Schritt zum Guten. Deshalb ist seine Situation, ohne eine glückliche zu sein, nicht mehr die eines leidenden Geistes. Er bereut. Es bleibt ihm die Wiedergutmachung, die er in einer anderen Inkarnation vollbringen wird. Doch bevor er dazu kommt, wisst wohl, wie die Lage jener Menschen ist, die ein völlig sinnliches Leben führten und ihrem Geist keine andere Beschäftigung gegeben haben, als ständig neue Genüsse zu finden? Der Einfluss der Materie folgt ihnen über das Grab hinaus, und der Tod setzt ihren Begierden keine Grenzen. Ihr Blick, so begrenzt wie auf Erden, sucht vergeblich nach Mitteln zur Befriedigung. Da sie niemals nach geistiger Nahrung gesucht haben, irrt ihre Seele in der Leere umher, ziellos und hoffnungslos, eine Beute der Angst des Menschen, der nur eine grenzenlose Wüste vor sich sieht. Die Nichtigkeit ihrer intellektuellen Beschäftigungen während des körperlichen Lebens führt natürlich zur Nichtigkeit des Wirkens des Geistes nach dem Tod. Da sie den Körper nicht mehr befriedigen können, haben sie nichts, um den Geist zu befriedigen. Daraus folgt eine tödliche Langeweile, deren Ende sie nicht voraussehen und der sie das Nichts vorziehen würden. Aber das Nichts existiert nicht. Sie konnten den Körper töten, aber sie können nicht den Geist töten. Sie müssen daher in diesen moralischen Qualen leben, bis sie von Ermüdung besiegt, sich überwältigt entschließen, einen Blick auf Gott zu werfen.
Lisbeth
(Bordeaux, 13. Februar 1862)
Ein leidender Geist schreibt sich mit dem Namen Lisbeth ein.
Frage: Können Sie mir einige Einzelheiten über Ihre Lage und die Ursache Ihrer Leiden geben?
Antwort: Sei von Herzen demütig, gehorsam dem Willen Gottes, geduldig in Prüfungen, mildtätig für die Armen, ermutigend für die Schwachen, warmherzig für alle Leidenden, und du wirst nicht die Qualen erleiden, die ich ertragen muss.
Frage: Wenn die Fehler, die Sie zu Fall gebracht haben, den von Ihnen bezeichneten Eigenschaften entgegengesetzt sind, scheinen Sie zu bereuen, dass sie Ihnen fehlten. Ihre Reue muss Ihnen Erleichterung bieten?
Antwort: Nein. Reue ist unfruchtbar, wenn sie nur die Folge von Leiden ist. Eine wirkliche Reue ist nur die, die als Grundlage das Bedauern hat, Gott beleidigt zu haben und den brennenden Wunsch, Wiedergutmachung zu leisten. Soweit bin ich leider noch nicht. Empfehlen Sie mich den Gebeten aller, die sich den Leidenden widmen. Ich brauche solche Bitten.
Bemerkung: Das ist eine große Wahrheit. Das Leiden bringt manchmal einen Schrei der Reue hervor, aber das ist nicht der aufrichtige Ausdruck des Bedauerns, etwas Schlechtes getan zu haben. Denn wenn der Geist nicht mehr leiden würde, wäre er bereit, neu anzufangen. Deshalb führt Reue nicht immer zur sofortigen Befreiung des Geistes. Sie bereitet ihn vor, das ist alles. Aber es ist für ihn notwendig, die Aufrichtigkeit und Festigkeit seiner Entschlüsse durch neue Prüfungen zu beweisen, die die Wiedergutmachung des von ihm begangenen Übels darstellen. Wenn man alle von uns angeführten Beispiele bedenkt, wird man in den Worten selbst der niedrigsten Geister wesentliche Belehrungen finden, weil sie uns in die innersten Einzelheiten des spirituellen Lebens einweihen. Während der oberflächliche Mensch in diesen Beispielen nur mehr oder weniger reizvolle Geschichten sehen wird, wird der ernsthafte und nachdenkliche Mensch in ihnen eine reiche Quelle des Studiums finden.
Frage: Ich werde tun, was Sie verlangen. Möchten Sie mir ein paar Details über Ihre letzte Existenz geben? Daraus kann sich eine nützliche Belehrung für Sie ergeben, und Sie werden so Ihre Reue fruchtbar machen.
(Der Geist zeigt sich sehr unentschlossen bei der Beantwortung dieser Frage und einiger der folgenden.)
Antwort: Ich wurde in einem hohen Stande geboren. Ich hatte alles, was Menschen als Quelle des Glücks ansehen. Weil ich reich war, war ich egoistisch. Weil ich schön war, war ich eitel, gleichgültig und betrügerisch. Weil ich vornehm war, war ich ehrgeizig. Ich habe mit meiner Macht diejenigen zermalmt, die sich nicht tief genug vor mir niedergeworfen haben. Ich habe noch diejenigen zermalmt, die unter meinen Füßen waren, ohne daran zu denken, dass der Zorn des Herrn früher oder später auch die höchsten Stirne zermalmt.
Frage: Wann haben Sie gelebt?
Antwort: Vor hundertfünfzig Jahren in Preußen.
Frage: Haben Sie als Geist seit dieser Zeit keine Fortschritte gemacht?
Antwort: Nein. Die Materie empörte sich immer. Du kannst den Einfluss, den diese trotz der Trennung von Körper und Geist immer noch ausübt, nicht verstehen. Der Hochmut, verstehst du, schlingt stählerne Ketten um euch, deren Ringe sich immer enger um den Elenden ziehen, der ihm sein Herz überlässt. Der Hochmut! Diese Giftschlange mit hundert, immer aufs Neue entstehenden Köpfen, die ihr giftiges Zischen so zu wandeln versteht, dass man es für himmlische Musik hält! Der Hochmut! Dieser vielfältige Lügengeist, der sich allen Verirrungen eures Geistes beugt, der sich in den Winkeln eures Herzens versteckt, eure Adern durchdringt, euch umgarnt, euch vollkommen einnimmt und euch mit sich zieht in die Dunkelheit der ewigen Hölle! Ja, ewigen!
Bemerkung: Der Geist sagt, dass er keine Fortschritte gemacht hat. Zweifellos, weil seine Situation immer noch schmerzhaft ist. Aber die Art und Weise, wie er den Hochmut beschreibt und seine Folgen beklagt, ist zweifellos ein Fortschritt. Denn sicherlich hätte er zu seinen Lebzeiten oder kurz nach seinem Tod nicht so urteilen können. Er versteht das Böse und das ist schon etwas. Der Mut und der Wille, dasselbe zu vermeiden, werden ihm danach ebenfalls kommen.
Frage: Gott ist zu gut, um seine Geschöpfe zu ewigen Qualen zu verdammen. Hoffen Sie auf seine Barmherzigkeit.
Antwort: Es kann da eine Grenze geben, sagt man. Aber wo? Ich suche schon lange danach und sehe immer nur Leid! Immer! Immer!
Frage: Wie sind Sie heute hierher gekommen?
Antwort: Ein Geist, der mir oft folgt, hat mich hergeführt. Frage: Seit wann sehen Sie diesen Geist?
Antwort: Seit nicht allzu langer Zeit.
Frage: Und seit wann erkennen Sie die Fehltritte, die Sie begangen haben?
Antwort: (Nach langem Nachdenken.) Ja, du hast recht. Da habe ich ihn gesehen.
Frage: Verstehen Sie jetzt nicht den Zusammenhang zwischen Ihrer Reue und der sichtbaren Hilfe, die Ihnen Ihr Schutzgeist gewährt? Sehen Sie doch als Ursprung dieser Unterstützung die Liebe Gottes an und als Ziel seine Vergebung und seine unendliche Barmherzigkeit.
Antwort: Oh, wie ich es gerne hätte!
Ich glaube, ich kann Ihnen dies im heiligen Namen dessen versprechen, der nie taub war für die Stimme seiner in Not geratenen Kinder. Rufen Sie ihn aus tiefster Reue an, er wird Sie erhören.
Antwort: Ich kann nicht. Ich fürchte mich.
Frage: Lasst uns gemeinsam beten, er wird uns erhören. (Nach dem Gebet) Sind Sie noch da?
Antwort: Ja, hab Dank! Vergiss mich nicht.
Frage: Kommen Sie jeden Tag hierher, um sich einzuschreiben!
Antwort: Ja, ja, ich will immer wiederkommen.
Der geistige Mentor des Mediums: Vergiss nie die Lehren, die du aus den Leiden deiner Schützlinge ziehst und besonders aus den Ursachen dieser Leiden. Mögen sie euch allen als Lehre dienen, um euch vor denselben Gefahren und denselben Strafen zu bewahren. Reinigt eure Herzen, seid demütig, liebt einander, helft einander, und möge euer dankbares Herz niemals die Quelle aller Gnaden vergessen, eine unerschöpfliche Quelle, aus der jeder von euch im Überfluss schöpfen kann. Eine Quelle lebendigen Wassers, das gleichzeitig den Durst löscht und Nahrung gibt, eine Quelle des ewigen Lebens und des Glücks. Nur zu, meine Geliebten. Schöpft mit Glauben daraus. Werft eure Netze dort aus und sie werden aus diesen Fluten mit Segen beladen hervorkommen. Lasst eure Geschwister daran teilhaben und warnt sie vor den Gefahren, denen sie ausgesetzt sind. Verbreitet den Segen des Herrn. Der Segen sprießt ohne Aufhören immer aufs Neue. Sie werden ständig neu geboren. Je mehr ihr diesen um euch herum spenden werdet, desto mehr wird er sich vermehren. Ihr haltet ihn in euren Händen, denn wenn ihr zu euren Geschwistern sagt: Da sind die Gefahren, da sind die Klippen; folgt uns, um sie zu vermeiden. Ahmt uns nach, uns, die wir ein Beispiel geben! So verbreitet ihr den Segen des Herrn über diejenigen, die euch zuhören.
Gesegnet seien eure Bemühungen, meine Geliebten. Der Herr liebt reine Herzen, verdient euch seine Liebe.
Saint-Paulin
Fürst Uran
(Bordeaux, 1862)
Ein leidender Geist stellt sich unter dem Namen Uran vor. Er war früher ein russischer Fürst.
Frage: Möchten Sie Angaben zu Ihrer Situation machen?
Antwort: Oh, selig sind die von Herzen Demütigen, ihnen gehört das Himmelreich! Betet für mich! Selig sind die, die von Herzen demütig, eine bescheidene Position wählen, um ihre Prüfungen zu bestehen! Ihr alle, die ihr von Neid zerfressen werdet, wisst nicht, auf welchen Stand der Dinge einer von denen, die ihr die Glücklichen der Erde nennt, beschränkt wird. Ihr kennt nicht die glühenden Kohlen, die sie auf ihr Haupt häufen. Ihr kennt nicht die Opfer, die der Reichtum auferlegt, wenn man denselben für das ewige Heil nutzen will! Möge der Herr mir, dem stolzen Despoten, erlauben, wiederzukommen und unter denen, die ich durch meine Tyrannei zermalmt habe, die Verbrechen zu sühnen, die mich der Stolz begehen ließ! Stolz! Sagt mir dieses Wort immer wieder, damit ich niemals vergesse, dass er die Quelle aller Leiden ist, die uns niederdrücken. Ja, ich habe die Macht und die Gunst, die ich genoss, missbraucht. Ich war hart, grausam gegen meine Untergebenen, die sich all meinen Launen beugen und all meinen Verderbtheiten nachkommen sollten. Ich hatte für mich Adel, Ehre und Reichtümer begehrt und bin der Last unterlegen, die ich über meine Kräfte hinaus auf mich genommen hatte.
Bemerkung: Die Geister, die erliegen, neigen im Allgemeinen zu sagen, dass sie eine Last zu tragen hatten, die über ihre Kräfte hinausging. Das ist ein Mittel, sich in ihren eigenen Augen zu entschuldigen und ein Überbleibsel des Stolzes. Sie wollen nicht durch ihre eigene Schuld gescheitert sein. Gott gibt niemandem mehr, als er tragen kann. Er verlangt von niemandem mehr, als man IHM geben kann. Er fordert nicht, dass der sprießende Baum die Früchte eines Baumes trägt, der ausgewachsen ist. Gott gibt den Geistern die Freiheit. Was ihnen fehlt, ist der Wille, und der Wille hängt von ihnen allein ab. Mit dem festen Willen gibt es keine lasterhaften Neigungen, die nicht besiegt werden können. Wenn man sich dagegen in einer Neigung gefällt, ist es naheliegend, dass man keine Anstrengungen macht, um diese zu überwinden. Für die Folgen, die daraus resultieren, muss man sich also nur selbst die Schuld geben.
Frage: Sie sind sich Ihrer Fehler bewusst. Es ist ein erster Schritt zur Besserung.
Antwort: Dieses Bewusstsein ist immer noch ein Leiden. Für viele Geister ist das Leiden etwas nahezu Physisches, weil sie, sich noch an dem Menschlichen ihrer letzten Existenz festhaltend, keine moralischen Empfindungen begreifen. Mein Geist hat sich von der Materie befreit, und das moralische Gefühl hat sich von all den rohen körperlichen Empfindungen des Schreckens gelöst.
Frage: Sehen Sie ein Ende Ihrer Leiden voraus?
Antwort: Ich weiß, dass sie nicht ewig sein werden. Das Ende sehe ich noch nicht. Ich muss zuvor die Prüfung von vorne beginnen.
Frage: Hoffen Sie, bald von vorne anzufangen?
Antwort: Ich weiß es noch nicht.
Frage: Erinnern Sie sich an Ihre vorherigen Inkarnationen? Ich frage dies zum Zwecke der Belehrung.
Antwort: Ja, eure Führer sind da, die wissen, was Sie brauchen. Ich lebte unter dem Namen Markus Aurelius. Dort, noch mächtig, bin ich bereits dem Stolz erlegen, der Ursache für alle Stürze. Nachdem ich jahrhundertelang umhergeirrt war, wollte ich es mit einem Leben in Bescheidenheit versuchen. Als armer Student bettelte ich um mein Brot, aber immer war der Stolz da. Der Geist hatte sich Wissen angeeignet, aber keine Tugend. Gelehrt und ehrgeizig verkaufte ich meine Seele an den Meistbietenden, diente aller Art Rache und Hass. Ich fühlte mich schuldig, aber der Durst nach Ehre und Reichtum erstickte jeden Schrei meines Gewissens. Die Sühne war wieder lang und grausam. Schließlich wollte ich in meiner letzten Inkarnation wieder ein Leben in Luxus und Macht beginnen. Da ich dachte, die Klippen meistern zu können, hörte ich auf keinen Rat. Oh Stolz, der mich wieder dahin gebracht hatte, meinem eigenen Urteilsvermögen mehr zu vertrauen, als dem der beschützenden Freunde, die niemals aufhören, über uns zu wachen. Sie kennen das Ergebnis dieses letzten Versuches.
Heute habe ich endlich verstanden und ich hoffe auf die Barmherzigkeit des Herrn. Ich lege ihm meinen niedergeschlagenen Stolz zu Füßen und bitte ihn, seine schwerste Last der Demut auf meine Schultern aufzuladen. Mithilfe seiner Gnade wird mir das Gewicht leichter erscheinen. Betet mit mir und für mich. Betet auch dafür, dass dieser feurige Dämon nicht die Instinkte in euch verschlingt, die euch zu Gott erheben. Brüder im Leiden, möge euch mein Beispiel dienen und vergesst nie, dass der Stolz der Feind des Glücks ist, denn aus ihm gehen alle Übel hervor, die die Menschheit befallen und bis in die himmlischen Regionen verfolgen.
Der geistige Mentor des Mediums: Du hast an diesem Geist gezweifelt, weil dir seine Ausdrucksweise nicht mit seinem Leidenszustand, der seine Niedrigkeit zeigt, übereinzustimmen schien. Sei ohne Sorge! Du hast eine ernste Lehre erhalten. Wie leidend dieser Geist auch ist, so ist seine Intelligenz genügend entwickelt, um so zu sprechen, wie er es getan hat. Ihm fehlte nur die Demut, ohne die kein Geist zu Gott gelangen kann. Diese Demut hat er jetzt erlangt, und wir hoffen, dass er mit Ausdauer siegreich aus einer neuen Prüfung hervorgehen wird.
Unser himmlischer Vater ist in seiner Weisheit voller Gerechtigkeit. Er berücksichtigt die Anstrengungen, die der Mensch unternimmt, um seine schlechten Instinkte zu zähmen. Jeder über euch selbst errungene Sieg ist eine erklommene Stufe dieser Leiter, deren eines Ende auf eurer Erde steht und das andere zu den Füßen des höchsten Richters reicht. Steige sie also kühn hinauf. Sie sind leicht zu ersteigen für die, die einen starken Willen haben. Blickt immer in die Höhe, um euch zu ermutigen, denn wehe dem, der stehen bleibt und den Kopf wendet! Er wird dann vom Schwindel ergriffen. Die Leere, die ihn umgibt, erschreckt ihn. Er findet sich kraftlos und sagt: Wozu noch weiter vorwärts gehen wollen? Ich habe erst einen so kurzen Weg zurückgelegt! Nein, meine Freunde, wendet nicht den Kopf um. Der Stolz ist im Menschen verkörpert. Wohl denn! Nutzt diesen Stolz, dass er euch Kraft und Mut gebe, um euren Aufstieg zu vollenden. Wendet ihn an, um Herr über eure Schwächen zu werden und steigt hinauf zum Gipfel des ewigen Berges!
Pascal Lavic
(Le Havre, 9. August 1863)
Dieser Geist teilt sich dem Medium spontan mit, ohne dass dieses ihn zu Lebzeiten auch nur dem Namen nach gekannt hätte.
Ich glaube an die Güte Gottes, der in seiner Gnade meinen armen Geist wohl in seine Barmherzigkeit aufnehmen wird. Ich habe gelitten, viel gelitten, und mein Körper ist auf dem Meer umgekommen. Mein Geist blieb immer an meinen Körper gefesselt und ist lange Zeit auf den Fluten umhergeirrt. Gott…
(Die Mitteilung wird unterbrochen. Am folgenden Tag fährt der Geist fort.)
… hat in Seiner Güte erlaubt, dass die Gebete derer, die ich auf der Erde zurückgelassen habe, mich aus dem Zustand der Verwirrung und der Ungewissheit herausholten, in den mein Geist eingetaucht war. Sie haben lange auf mich gewartet und konnten meinen Körper wiederfinden. Er ruht jetzt, und mein mühsam befreiter Geist sieht die begangenen Fehltritte. Nun, da die Prüfung beendet ist, richtet Gott mit Gerechtigkeit, und Seine Güte breitet sich über die Reumütigen aus.
Wenn mein Geist mit meinem Körper lange Zeit umhergeirrt ist, so deshalb, weil ich sühnen musste. Folgt dem rechten Weg, wenn ihr möchtet, dass Gott euren Geist schnell aus seiner Hülle befreit. Lebt in Liebe zu Ihm. Betet und der Tod, der für gewisse Leute so schrecklich ist, wird für euch weniger schlimm, da ihr das Leben kennt, das euch erwartet. Ich bin im Meer umgekommen und man hat lange auf mich gewartet. Mich nicht von meinem Körper lösen zu können war eine schreckliche Prüfung für mich. Deshalb brauchte ich eure Gebete, ihr, die ihr in den rettenden Glauben eingetreten seid, ihr, die ihr den gerechten Gott für mich bitten könnt. Ich bereue und hoffe, dass Er mir gnädig vergeben wird. Am 6. August wurde meine Leiche gefunden. Ich war ein armer Seemann und vor langer Zeit umgekommen. Betet für mich!
Pascal Lavic
Frage: Wo sind Sie wiedergefunden worden?
Antwort: In eurer Nähe.
Das "Journal du Havre" vom 11. August 1863 enthielt folgenden Abschnitt, von dem das Medium nichts wissen konnte:
Wir haben gemeldet, dass man am 6. dieses Monats zwischen Bléville und La Hève einen Teil eines verunglückten Leichnams gefunden habe. Kopf, Arme und Brust waren fort. Dennoch konnte seine Identität durch den noch an den Füßen befestigten Schuh festgestellt werden. So hat man erkannt, dass es sich um den Leichnam des Fischers Lavic handelte, der am 11. Dezember an Bord des Bootes l’Alerte ums Leben kam, das von einem Wellenstoß vor Trouville fortgerissen worden ist. Lavic war 49 Jahre alt, geboren in Calais. Es war die Witwe des Verstorbenen, die die Identität bestätigte.
Am 12. August, als man sich über dieses Ereignis in dem Kreis unterhielt, in dem dieser Geist sich das erste Mal mitgeteilt hatte, teilte er sich erneut spontan mit:
Ich bin Pascal Lavic und ich brauche eure Gebete. Ihr könnt mir Gutes tun, denn die Prüfung, die ich durchgemacht habe, war schrecklich. Die Trennung meines Geistes von meinem Körper fand erst statt, als ich meine Fehler erkannte. Und dann löste er sich nicht ganz. Er folgte ihm auf dem Meer, das ihn verschlungen hatte. Bittet doch Gott, mir zu vergeben. Bittet ihn, dass er mir Ruhe schenkt. Betet, ich flehe euch an. Möge dieses schreckliche Ende eines unglücklichen Erdendaseins eine große Lehre für euch sein! Ihr müsst an das zukünftige Leben denken und dürft nicht versäumen, Gott um seine Barmherzigkeit zu bitten. Betet für mich! Ich brauche es, dass Gott mir sein Erbarmen zuwendet.
Pascal Lavic
Ferdinand Bertin
Ein in Havre wohnhaftes Medium rief den Geist eines Menschen vor, der ihm bekannt war. Dieser Geist antwortet: "Ich möchte mich aussprechen; aber ich kann nicht das Hindernis überwinden, das zwischen uns liegt. Ich muss zulassen, dass diese leidenden Unglücklichen sich Ihnen nähern." Es empfängt dann ohne sein Zutun folgende Mitteilung:
"Ich bin in einem entsetzlichen Abgrund! Helft mir ... Oh mein Gott! Wer wird mich aus diesem Schlund herausziehen? ... Wer wird eine hilfreiche Hand nach dem Unglücklichen ausstrecken, den das Meer verschlang? ... Die Nacht ist so schwarz, dass ich mich fürchte ... Überall das Tosen der Wellen und kein freundliches Wort, um mich zu trösten und mir in diesem äußersten Augenblick zu helfen; denn diese tiefe Nacht, das ist der Tod in seinem ganzen Schrecken, und sterben will ich nicht! ... Oh mein Gott! Das ist nicht der erst kommende Tod, das ist der vergangene! … Ich bin für immer von denen getrennt, die ich liebe ... Ich sehe meinen Körper, und was ich in dem Augenblick empfand, das ist nur die Erinnerung an die furchtbare Angst der Trennung ... Habt Erbarmen mit mir, ihr, die ihr meine Leiden kennt! Betet für mich! Denn ich möchte nicht noch einmal all das Zerreißende des Todeskampfes empfinden, so wie ich es seit jener verhängnisvollen Nacht getan habe! … Das ist jedoch meine Bestrafung; ich ahne sie ... Betet, ich beschwör' euch! . ... Oh, das Meer! ... Die Kälte! ... Ich werde verschlungen! ... Zu Hilfe! ... Habt doch Erbarmen; stoßt mich nicht zurück! ... Wir werden uns wohl selber auf diese Trümmer retten! ... Oh, ich ersticke ... Die Wellen verschlingen mich, und die Meinigen werden nicht einmal den traurigen Trost haben, mich wiederzusehen ... Aber nein! Ich sehe, dass mein Körper nicht mehr von den Wellen hin und her geworfen wird ... Die Gebete meiner Mutter werden erhört werden ... Arme Mutter! Wenn sie sich ihren Sohn so elend vorstellen könnte, wie er in Wirklichkeit ist, würde sie besser beten; aber sie glaubt, dass die Ursache meines Todes die Vergangenheit geheiligt habe; sie beweint mich als einen Märtyrer und nicht als einen unglücklichen Sträfling! … Oh ihr, die ihr es wisst, werdet ihr ohne Erbarmen sein? Nein, ihr werdet beten.”
Ferdinand Bertin
Dieser Name, dem Medium völlig unbekannt, rief in ihm keine Erinnerung wach. Es sagte sich, dass dies ohne Zweifel der Geist irgendeines unglücklichen Schiffbrüchigen sei, der komme, um sich von sich aus mitzuteilen, so, wie ihm das schon mehrmals passiert war. Bald darauf erfuhr es, dass das wirklich der Name eines der Opfer eines großen Seefahrerunglücks sei, das sich in diesen Gewässern am 2. Dezember 1863 ereignet hatte. Die Mitteilung war am 8. desselben Monats, sechs Tage nach dem verhängnisvollen Ereignis, gemacht worden. Der Mann war umgekommen, als er unerhörte Versuche machte, um die Mannschaft zu retten, und in dem Augenblick, in dem er seine Rettung gesichert glaubte.
Dieser Mensch war durch keinerlei Bande der Verwandtschaft oder selbst der Bekanntschaft mit dem Medium verbunden. Warum hat er sich eher ihm mitgeteilt, als irgendjemandem seiner Angehörigen? Es war deshalb, weil die Geister nicht bei jedem die notwendigen fluidischen Bedingungen für ein solches Tun vorfinden. In der Verwirrung, in der er sich befand, hatte er außerdem keine Wahlfreiheit. Er wurde instinktiv und wie angezogen zum Medium hingeführt, das, wie es scheint, besonders geeignet war für die freiwilligen Mitteilungen dieser Art. Auch vermutete er zweifellos, dass er dort eine besondere Anteilnahme finden würde, wie andere sie unter gleichen Umständen gefunden hatten. Die Seinen, denen der Spiritismus fremd ist und diese Vorstellung vielleicht ablehnten, hätten seine Enthüllung nicht aufgenommen, wie dieses Medium es tun konnte.
Obwohl der Tod schon vor einigen Tagen eingetreten war, so erlitt der Geist doch noch alle seine Schrecken. Offensichtlich war er sich über seine Lage gar nicht bewusst. Er glaubte sich noch lebend, gegen die Wellen kämpfend, und dennoch spricht er von seinem Körper, als ob er von diesem getrennt wäre. Er ruft um Hilfe, sagt, dass er nicht sterben wolle, und einen Augenblick später spricht er von der Ursache seines Todes, in dem er eine Strafe erkennt. All das offenbart eine Verwirrung der Gedanken, die fast immer einem gewaltsamen Tod folgt.
Zwei Monate später, am 2. Februar 1864, teilte er sich von selbst ein weiteres Mal demselben Medium mit und diktierte das Folgende:
"Das Mitleid, das Sie für meine entsetzlichen Leiden hatten, hat mir gutgetan. Ich fasse Hoffnung, ich sehe aus der Ferne die Vergebung, jedoch nach der Strafe für die begangene Schuld. Stets leide ich, und wenn Gott gestattet, dass ich für ein paar Augenblicke von Ferne das Ende meines Unglücks sehe, so verdanke ich diese Linderung nur den Gebeten liebevoller Seelen, die meine Lage berührt. Oh Hoffnung, du Strahl des Himmels, wie gesegnet bist du, so oft ich dich in meiner Seele entstehen sehe! ... Aber, ach, da tut sich ein Abgrund auf; Schrecken und Leid lassen diese Erinnerung an die Barmherzigkeit erlöschen ... Nacht, immer Nacht! … Das Wasser, das Geräusch der Wellen, die meinen Körper verschlungen haben, sind nur ein schwaches Bild von dem Entsetzen, das meinen armen Geist umfängt … Ich bin ruhiger, sobald ich bei Ihnen sein kann; denn ebenso wie ein schreckliches Geheimnis, das man in den Schoß eines Freundes niederlegt, denjenigen erleichtert, der davon bedrückt war, ebenso lindert auch Ihr Mitleid, das ich durch das Anvertrauen meines Elends erweckt habe, mein Leid und beruhigt meinen Geist … Ihre Gebete tun mir gut, versagen Sie mir diese nicht! Ich mag nicht in jenen schauerlichen Traum zurückfallen, der Wirklichkeit wird, sobald ich ihn sehe … Nehmen Sie häufiger den Bleistift; das tut mir so sehr gut: mich durch Sie auszusprechen!"
Einige Tage darauf wurde derselbe Geist in einer spiritistischen Zusammenkunft in Paris angerufen. Die folgenden Fragen wurden an ihn gerichtet, auf die er mit ein und derselben Mitteilung Antwort gab und zwar durch ein anderes Medium:
Frage: Was hat Sie bewogen, sich freiwillig dem ersten Medium mitzuteilen, dem Sie sich offenbart haben? Wieviel Zeit lag zwischen Ihrem Tod und Ihrer Kundgebung? Als Sie sich von sich aus mitteilten, schienen Sie darüber im Ungewissen, ob Sie noch tot oder lebendig seien, und Sie empfanden alle Ängste eines schrecklichen Todes. Sind Sie sich gegenwärtig bewusster über Ihre Lage? Sie haben eindeutig gesagt, Ihr Tod sei eine Sühne; sagen Sie uns doch die Ursache davon! Das wird eine Belehrung für uns und eine Erleichterung für Sie sein. Mit diesem aufrichtigen Geständnis werden Sie die Barmherzigkeit Gottes erlangen, den wir mit unseren Gebeten darum bitten wollen.
Antwort: Auf den ersten Blick scheint es unmöglich, dass ein Geschöpf so grauenvoll leiden könnte. Gott, wie schmerzlich ist es, sich ständig inmitten der tosenden Wellen zu sehen und unaufhörlich diese Bitterkeit, diese eisige Kälte zu spüren, die aufsteigt und den Magen zuschnürt!
Doch wozu Sie immer mit diesen Geschichten unterhalten? Muss ich nicht zuerst den Gesetzen der Erkenntlichkeit gehorchen, indem ich Ihnen danke, Ihnen allen, die an meinen Qualen einen solchen Anteil nehmen? Sie fragen, ob ich mich lange nach meinem Tod geäußert habe? Leicht kann ich nicht antworten. Überlegen Sie und urteilen Sie, in welch schrecklicher Lage ich mich noch immer befinde. Immerhin bin ich zu dem Medium hingeführt worden, wie ich glaube, durch einen mir fremden Willen. Und mir völlig unerklärlich gebrauchte ich seinen Arm mit der gleichen Leichtigkeit, wie ich in diesem Augenblick Ihren gebrauche, überzeugt, dass er mir gehöre. Ich empfinde jetzt sogar, dass es ein recht großer Genuss, sowie eine besondere Erleichterung ist, die, ach, so bald aufhören soll. Aber, oh mein Gott, ich werde ein Geständnis ablegen müssen; werde ich die Kraft dazu haben?
Nach vielen Ermutigungen fügt der Geist hinzu: Ich hatte mich recht schuldig gemacht! Was mir hauptsächlich Schmerz verursacht, ist, dass man glaubt, ich sei ein Märtyrer. Das stimmt nicht ... In einer vorherigen Inkarnation habe ich mehrere arme Opfer in einen Sack stecken und ins Meer werfen lassen ... Betet für mich!
Belehrung vonseiten des heiligen Ludwig über diese Mitteilung.
Dieses Geständnis wird für diesen Geist eine Quelle großer Erleichterung sein. Ja, er hat sich recht schuldig gemacht. Aber die Existenz, die er gerade verlassen hat, war ehrenhaft. Er wurde von seinen Vorgesetzten geliebt und geachtet. Das ist die Frucht seiner Reue und der guten Entscheidungen, die er getroffen hatte, ehe er auf die Erde zurückkehrte, wo er ebenso sehr menschenfreundlich sein wollte, wie er grausam gewesen ist. Die Hingebung, die er bewiesen hat, war eine Wiedergutmachung; aber er musste sich eben von den vorigen Schulden durch eine letzte Sühne reinigen, die des grauenvollen Todes, den er erlitten hat. Er wollte sich selbst reinigen, indem er Qualen ertrug, die er andere hatte erdulden lassen; und beachtet, wie ihn ein Gedanke verfolgt: das Bedauern, zu sehen, dass man ihn für einen Märtyrer ansieht. Glaubt, dieses demütige Gefühl wird ihm angerechnet werden. Von nun an hat er den Weg der Sühne verlassen, um den der Wiederherstellung zu betreten. Durch eure Gebete könnt ihr ihn auf diesem begleiten, damit er diesen mit festeren und sichereren Schritten gehen kann.
François Riquier
François Riquier, ein ganz gewöhnlicher Mann, war ein alter Geizhals und Junggeselle. Er starb in C … im Jahr 1857 und hinterließ seinen Verwandten ein ziemlich beträchtliches Vermögen. Er war einst der Vermieter einer vornehmen Frau, die ihn seitdem völlig vergessen hatte und nicht einmal wusste, ob er noch am Leben sei. Eine Tochter dieser Frau leidet unter kataleptischen Anfällen, denen ein spontaner, magnetischer Schlaf folgt und ist außerdem ein sehr gutes Schreibmedium. Diese sah in einem solchen Schlaf im Jahr 1862 Herrn Riquier, der sich, wie sie sagte, an ihre Mutter wenden wollte. Einige Tage darauf teilte dieser sich freiwillig mit, nannte den Wunsch, mit dieser Frau zu reden und bot so Anlass zu folgender Unterhaltung:
Frage: Was wollen Sie von uns?
Antwort: Mein Geld, das sie mir alles genommen haben, die Elenden, um es unter sich aufzuteilen! Sie haben meine Ländereien, meine Häuser, alles verkauft, um es unter sich aufzuteilen. Sie haben mein Vermögen verschleudert, als ob es mir nie gehört hätte. Lasst mir Gerechtigkeit widerfahren! Denn auf mich hören sie ja nicht und ich will solche Schandtaten nicht sehen. Sie sagen, ich sei ein Wucherer und sie behalten mein Geld! Warum wollen sie es mir nicht zurückgeben, da sie ja doch finden, dass es unrechtmäßig erworben wurde?
Frage: Aber Sie sind ja tot, guter Mann; Sie brauchen kein Geld mehr. Bitten Sie Gott um eine neue, arme Existenz, um den Geiz von dieser zu sühnen!
Antwort: Nein, arm leben könnte ich nicht. Ich brauche mein Geld, um mir das Leben zu ermöglichen. Übrigens brauche ich kein anderes Leben durchzumachen, da ich ja gegenwärtig lebe.
Frage: (Die folgende Frage diente dazu, ihn in die Wirklichkeit zurückzuholen.) Leiden Sie?
Antwort: Oh ja, ich leide Qualen, schlimmer als die schrecklichste Krankheit; denn es ist meine Seele, die diese Qualen erduldet. Ich habe immer das Unrecht meines Lebens vor Augen, das für viele ein Stein des Anstoßes gewesen ist. Ich weiß wohl, dass ich ein des Erbarmens unwürdiger Mensch bin. Aber ich leide so sehr, dass man mir helfen muss, aus diesem jammervollen Zustand herauszukommen.
Frage: Wir werden für Sie beten.
Antwort: Habt Dank! Betet, damit ich meinen irdischen Reichtum vergesse. Ohne das werde ich niemals bereuen können. Lebt wohl und habt Dank!
François Riquier,
Rue de la Charité, Nr. 14
Es ist ziemlich merkwürdig zu sehen, wie dieser Geist seinen Namen und seine Adresse angibt, als ob er noch am Leben sei. Die Dame, die diese nicht kannte, beeilte sich, deren Richtigkeit zu überprüfen und war sehr überrascht, zu sehen, dass das angegebene Haus gerade das letzte war, das er bewohnt hatte. Er hielt sich also nach fünf Jahren nicht für tot und befand sich noch in der für einen Geizhals schrecklichen, beängstigenden Lage, sein Vermögen unter seine Erben verteilt zu sehen. Der Anruf, der ohne Zweifel durch irgendeinen guten Geist veranlasst wurde, hatte den Erfolg, ihn seine Lage verstehen zu lassen und zur Reue zu führen.
Claire
(Pariser Gesellschaft, 1861)
Der Geist, der die folgenden Mitteilungen gemacht hat, ist der einer Frau, die dem Medium zu ihren Lebzeiten bekannt war und deren Lebensführung und Charakter nur zu sehr die Qualen rechtfertigen, die sie erduldet. Sie war hauptsächlich von einem maßlosen Egoismus und einer Eigenliebe beherrscht, die sich in der dritten Mitteilung durch ihren Anspruch widerspiegeln, dass das Medium sich nur mit ihr beschäftigen solle. Diese Mitteilungen sind zu verschiedenen Zeiten erhalten worden. Die drei letzten zeigen einen merkbaren Fortschritt in der Verfassung des Geistes, Dank der Fürsorge des Mediums, das seine moralische Erziehung übernommen hatte.
I.
Da bin ich, ich, die unglückliche Claire. Was soll ich dich lehren? Ergebung und Hoffnung sind nur Worte für den, der weiß, dass seine Leiden, die zahllos wie die Kieselsteine des Strandes sind, über endlose Jahrhunderte dauern werden. Ich kann sie mildern, sagst du? Welch leeres Wort! Wo den Mut, die Hoffnung dafür finden? Streng dich also an, beschränktes Gehirn, zu begreifen, was ein Tag ist, der niemals endet! Ist es ein Tag, ein Jahr, ein Jahrhundert? Was weiß ich? Es teilen ihn keine Stunden; es ändern ihn keine Jahreszeiten; ewig und langsam wie das Wasser, das aus einem Felsen sickert, dieser verfluchte, dieser verwünschte Tag, der auf mir wie ein Kasten Blei lastet … Ich leide! ... Ich sehe nichts als schweigende, teilnahmslose Schatten um mich ... Ich leide!
Dennoch weiß ich, dass über diesem Elend Gott herrscht, der Vater, der Herr, derjenige, auf den alles hinläuft. Ich will daran denken, will ihn anflehen.
Ich mühe mich ab und schleppe mich dahin wie ein Krüppel, der den Weg entlang kriecht. Ich weiß nicht, welche Macht mich zu dir hinzieht. Vielleicht bist du die Rettung? Ich verlasse dich ein wenig beruhigt, ein wenig erwärmt; wie ein vor Frost zitternder Greis, den ein Strahl der Sonne wieder belebt, so schöpft meine erstarrte Seele neues Leben, wenn sie sich dir nähert.
II.
Mein Unglück wird jeden Tag größer; es nimmt in dem Maße zu, wie sich die Kenntnis der Ewigkeit in mir entwickelt. Oh Jammer! Wie ich euch verwünsche, ihr schuldvollen Stunden, Stunden der Selbstsucht und des Vergessens, wo ich alle Nächstenliebe, alle Hingebung missachtete und nur an mein Wohlbehagen dachte! Seid verwünscht, ihr menschlichen Veranstaltungen, eitles Jagen nach Befriedigung materieller Wünsche! Seid verwünscht, ihr die ihr mich geblendet und ins Verderben gestürzt habt! An mir nagt das unaufhörliche Bedauern über die vergeudete Zeit. Was soll ich dir sagen, da du mich ja anhörst? Wache unaufhörlich über dich; liebe die anderen mehr als dich selbst; verweile nicht auf den Wegen des Wohlbefindens; mäste deinen Körper nicht auf Kosten deiner Seele; wache, wie der Heiland zu seinen Jüngern sagte! Danke mir nicht für diese Ratschläge, mein Geist versteht sie, mein Herz hat nie auf sie gehört. Wie einen immerzu gepeitschten Hund lässt mich die Angst dahinkriechen, die freie Liebe aber kenne ich noch nicht. Ihre göttliche Morgenröte braucht lange, um aufzugehen! Bete für meine vertrocknete und so elende Seele!
III.
Ich komme bis hierher, um dich zu suchen, da du mich vergisst. Du glaubst also, dass vereinzelte Bitten, mein ausgesprochener Name, zur Linderung meines Schmerzes genügen werden? Nein, hundertmal nein! Ich schreie vor Schmerz; ich irre umher ohne Ruhe, ohne Zufluchtsort, ohne Hoffnung, und fühle den ewigen Stachel der Strafe, der sich in meine sich dagegen auflehnende Seele bohrt. Ich lache, wenn ich eure Klagen höre, wenn ich euch niedergeschlagen sehe. Was ist euer blasses Elend! Was sind eure Tränen! Was sind eure Qualen, die der Schlaf unterbricht! Schlafe ich denn? Ich will, hörst du, will, dass du deine philosophischen Studien verlässt und dich mit mir beschäftigst; dass du die anderen sich damit beschäftigen lässt! Ich finde keine Ausdrücke, um die Angst dieser Zeit zu schildern, die dahinfließt, ohne dass die Stunden ihre Abschnitte bezeichnen. Kaum dass ich einen schwachen Strahl von Hoffnung sehe; und diese Hoffnung hast du mir gegeben; verlass mich deshalb nicht!
IV.
Der Geist des heiligen Ludwig: Diese Schilderung ist nur zu wahr; denn sie ist keineswegs übertrieben. Man wird vielleicht fragen, was diese Frau getan hat, dass sie nun so leidet. Hat sie irgendein schreckliches Verbrechen begangen? Hat sie gestohlen, gemordet? Nein, sie hat nichts getan, was verdient hätte, die Gerechtigkeit der Menschen zu beschäftigen. Im Gegenteil, sie amüsierte sich mit dem, was ihr irdisches Glück nennt! Schönheit, Vermögen, Vergnügungen, Schmeicheleien, alles lächelte ihr zu, nichts mangelte ihr und man sagte, wenn man sie sah: Welch glückliche Frau und beneidete sie um ihre Stellung. Was sie getan hat? Sie war egoistisch. Sie hatte alles, außer ein gutes Herz. Wenn sie das Gesetz der Menschen nicht verletzt hat, so hat sie das Gesetz Gottes verletzt; denn sie hat die Nächstenliebe nicht gekannt, diese erste der Tugenden. Sie hat nur sich selbst geliebt; nun wird sie von niemandem geliebt. Sie hat nichts gegeben und man gibt ihr nichts. Sie ist vereinsamt, verlassen, preisgegeben, verloren im Raum, wo niemand an sie denkt, sich niemand mit ihr beschäftigt. Das ist es, was ihre Strafe ausmacht. Da sie nur weltliche Genüsse gesucht hat und diese Genüsse ihr heute nicht mehr zur Verfügung stehen, ist um sie herum eine Leere entstanden. Sie sieht nur das Nichts, und das Nichts scheint ihr die Ewigkeit. Sie leidet keine körperlichen Qualen. Es kommen keine Teufel und quälen sie, aber das ist nicht notwendig. Sie quält sich selbst und leidet so weit mehr; denn diese Teufel würden noch Wesen sein, die an sie denken. Egoismus war ihre Freude auf Erden; dieser verfolgt sie nun, ist jetzt der Wurm, der an ihrem Herzen nagt, ihr wahrhafter Rachegeist.
Heiliger Ludwig
V.
Ich werde mit euch über die wichtigen Unterschiede zwischen dem göttlichen und menschlichen Moralgesetz sprechen. Das erstere steht der ehebrecherischen Frau in ihrer Verlassenheit bei und sagt zu den Sündern: “Bereut und das Himmelreich wird euch offenstehen!” Das göttliche Moralrecht akzeptiert schließlich alle Reue, alle eingestandenen Fehler, während das menschliche diese zurückweist und lächelnd die versteckten Sünden zulässt, weil die, so sagt es, schon halb vergeben sind. Bei dem einen ist die Gnade der Vergebung, bei dem anderen die Heuchelei. Wählt, ihr nach Wahrheit dürstenden Geister! Wählt zwischen den der Reue offenen Himmeln und der Duldung, die das Böse zulässt, das ihre Selbstsucht und ihre falschen Verordnungen nicht stört, aber die Leidenschaft und das Schluchzen über die offen eingestandenen Fehler zurückweist. Bereut, ihr alle, die ihr sündigt! Entsagt dem Bösen; aber entsagt vor allem der Heuchelei, die die Hässlichkeit mit der lachenden und trügerischen Maske der gegenseitigen Zugeständnisse verschleiert.
VI.
Ich bin jetzt ruhig und füge mich in das Sühnen der Fehltritte, die ich begangen habe. Das Böse ist in mir und nicht außerhalb von mir. Ich also bin es, die sich ändern muss und nicht die äußeren Dinge. Wir tragen unseren Himmel und unsere Hölle in uns; und unsere Sünden, die in unser Gewissen eingeprägt sind, lesen sich fließend am Tage der Auferstehung, und dann sind wir unsere eigenen Richter, weil der Zustand unserer Seele uns erhebt oder uns hinabstürzt. Ich will mich klarer ausdrücken: ein durch seine Sünden beschmutzter und beschwerter Geist kann eine Erhebung, die er nicht ertragen könnte, weder begreifen noch wünschen. Glaubt nur: so wie die verschiedenen Arten von Wesen in dem für sie eigenen Gebiet leben, so bewegen sich die Geister entsprechend der Stufe ihres Fortschritts in der Umgebung, die ihren Fähigkeiten entspricht. Sie begreifen erst eine andere, wenn sie der Fortschritt, ein Werkzeug der langsamen Umbildung der Seelen, ihren niederen Neigungen enthebt und bewirkt, dass sie die Verpuppung der Sünde abstreifen, damit sie flattern können, ehe sie sich, rasch wie Pfeile, Gott entgegenfliegen, der ihr einziger und ersehnter Freund geworden ist. Ach, ich schleppe mich noch, aber ich hasse nicht mehr, und ich erfasse das unaussprechliche Glück der göttlichen Liebe. Bete also immer für mich, die ich hoffe und warte.
In der folgenden Mitteilung spricht Claire von ihrem Mann, unter dem sie zu ihren Lebzeiten viel zu leiden hatte, und von der Verfassung, in der er sich heute in der Geisterwelt befindet. Diese Schilderung, die sie nicht selbst vollenden konnte, wird von dem geistigen Führer des Mediums vervollständigt.
VII.
Ich komme zu dir, da du mich so lange vergessen hast. Aber ich habe Geduld gelernt und bin nicht mehr trostlos. Du willst wissen, in welcher Lage der arme Felix sei. Er irrt in der Dunkelheit umher, eine Beute der tiefen Bloßstellung seiner Seele. Sein oberflächliches und leichtes Wesen, beschmutzt durch Vergnügen, hat Liebe und Freundschaft niemals gekannt. Selbst die Leidenschaft hat ihn mit ihrem düsteren Schein nicht erhellt. Ich vergleiche seinen gegenwärtigen Zustand mit dem eines für die Handlungen des Lebens ungeschickten Kindes, das der Hilfe derer beraubt ist, die ihm beistehen. Felix irrt mit Angst in jener seltsamen WeIt umher, in der alles im Glanz Gottes erstrahlt, den er geleugnet hat ...
VIII.
Der Führer des Mediums: Claire kann die Aufzählung der Leiden ihres Mannes nicht fortsetzen, ohne diese gleichfalls zu empfinden, deshalb will ich für sie reden.
Felix, der oberflächlich in den Gedanken wie in den Gesinnungen war, gewalttätig, weil er schwach war, ausschweifend, weil er kalt war, ist in die Geisterwelt zurückgekehrt, moralisch nackt, wie er es im physischen Leben war. Als er ins irdische Leben eintrat, hat er nichts erworben, und infolgedessen muss er alles von vorn beginnen. Wie ein Mensch, der von einem langen Traum erwacht und nun erkennt, wie vergeblich die Erregung seiner Nerven gewesen war, wird dieses arme Wesen beim Heraustreten aus der Verwirrung erkennen, dass er von Hirngespinsten gelebt hat, die sein Leben mit Täuschungen bedeckten. Er wird den Materialismus verwünschen, der ihn dazu gebracht hat, dass er nun das Leere umarmen muss, als er glaubte, eine Wirklichkeit zu umarmen. Er wird das Pochen auf den Positivismus verwünschen, der ihn die Gedanken von einem zukünftigen Leben “Träumereien” nennen ließ, Bestrebungen “Torheiten” und den Glauben an Gott “Schwachheit”. Beim Erwachen wird der Unglückliche sehen, dass diese von ihm verspotteten Namen der Ausdruck der Wahrheit waren und dass entgegen der Fabel die Jagd auf Beute weniger vorteilhaft gewesen ist als die auf den Schatten.
Georges
Untersuchungen zu den Mitteilungen von Claire.
Diese Mitteilungen sind hauptsächlich darin lehrreich, dass sie uns eine der gewöhnlichsten Seiten des Lebens zeigen: die der Selbstsucht. Da sind nicht jene großen Verbrechen, die selbst den Bösartigsten Angst einflößen, sondern die Lebensbedingungen einer Menge von Leuten, die geachtet und begehrt in der Welt leben, weil sie einen gewissen Glanz besitzen und nicht unter die Verfolgung durch die Gesetze der Gesellschaft fallen. Es gibt dort in der Welt der Geister auch keine außergewöhnlichen Strafen, deren Schilderung Schaudern erregt, sondern eine einfache, nächstliegende Lage, eine Folge ihrer (der Geister) Art zu leben und des Zustands ihrer Seele; Vereinsamung, Verlassenheit, Hilflosigkeit. Das ist die Bestrafung desjenigen, der nur für sich selbst gelebt hat. Claire besaß, wie man gesehen hat, einen sehr verständigen Geist, aber ein trockenes Herz; auf Erden brachten ihre gesellschaftliche Stellung, ihr Vermögen, ihre äußeren Vorzüge ihr Anerkennung ein, die ihrer Eitelkeit schmeichelten und das genügte ihr. Dort begegnet ihr nur Teilnahmslosigkeit, und es wird leer um sie herum: eine Bestrafung, quälender als der Schmerz, weil sie demütigend ist; denn der Schmerz flößt Mitgefühl und Erbarmen ein. Das ist für einen Geist noch ein Mittel, die Blicke auf sich zu ziehen, um andere dazu zu bringen, sie für sein Schicksal zu erwärmen.
Die sechste Mitteilung enthält einen vollkommen wahren Gedanken, indem sie die Verhärtung gewisser Geister im Bösen zeigt. Man staunt, unter ihnen solche zu sehen, die unempfindlich sind für den Gedanken, ja für den Anblick der Glückseligkeit, die die guten Geister genießen. Sie sind genau in der Verfassung der tiefgesunkenen Menschen, denen es gefällt, sich im Schlamm zu wälzen und in groben, sinnlichen Freuden zu schwelgen. Dort sind diese Menschen gewissermaßen in ihrer richtigen Umgebung; sie verstehen die feineren Genüsse nicht; sie ziehen ihre schmutzigen Lumpen den reinen und strahlenden Gewändern vor, weil sie sich in diesen behaglicher fühlten, und ihre Gelage dem Vergnügen einer guten Gesellschaft. Sie haben sich mit dieser Art von Leben dermaßen identifiziert, dass sie ihnen zur zweiten Natur geworden ist. Sie halten sich sogar für unfähig, sich über ihren Kreis zu erheben. Darum bleiben sie in demselben, bis eine Veränderung ihres Wesens ihren Verstand geöffnet hat, indem sie in ihnen den moralischen Sinn entwickelt und sie für feinere Empfindungen zugänglich gemacht hat.
Diese Geister können, wenn sie gerade desinkarniert sind, nicht augenblicklich die Feinheit des Gefühls erlangen, und während einer mehr oder weniger langen Zeit werden sie die Niederungen der geistigen Welt zur Wohnung wählen, wie sie diejenigen der Körperwelt innegehabt haben. Dort werden sie bleiben, solange sie sich gegen den Fortschritt auflehnen. Aber mit der Zeit, mit der Erfahrung, den Trübsalen, den Beschwerden der aufeinanderfolgenden Inkarnationen kommt ein Zeitpunkt, an dem sie etwas begreifen, das besser ist als das, was sie haben. Ihre Ansprüche steigen; sie beginnen zu begreifen, was ihnen fehlt, und dann machen sie Anstrengungen, um es zu erreichen und sich zu erheben. Sind sie einmal auf diesen Weg gelangt, so gehen sie ihn schnell, weil sie eine Befriedigung gekostet haben, die ihnen weit höher scheint und neben der die anderen sie nur mit Abscheu erfüllen, weil diese nur grobe Empfindungen sind.
Frage: (An Hl. Ludwig) Was ist unter der Finsternis zu verstehen, in die gewisse leidende Seelen versenkt sind? Sollte das jene Finsternis sein, von der in der heiligen Schrift so oft die Rede ist?
Antwort: Die Finsternis, um die es sich handelt, ist wirklich die, die von Jesus und den Propheten beschrieben wird, wenn sie von der Bestrafung der Bösen sprechen. Aber das ist dort nur noch eine Darstellung, um die äußeren Sinne ihrer Zeitgenossen zu beeindrucken, die eine Bestrafung geistiger Art nicht verstehen konnten. Gewisse Geister sind in Finsternis getaucht, aber man muss darunter eine wahrhafte Nacht der Seele verstehen, vergleichbar mit der Dunkelheit, von der der Verstand des Schwachsinnigen umhüllt ist. Sie ist keine Verrücktheit der Seele, sondern eine Unkenntnis ihrer selbst und von dem, was sie umgibt, das sowohl in der Gegenwart, als auch in der Abwesenheit des äußeren Lichtes geschieht. Das ist insbesondere die Bestrafung derer, die an ihrer Wesensbestimmung gezweifelt haben. Sie haben ans Nichts geglaubt, und der Anschein dieses Nichts bildet nun ihre Strafe, bis die Seele zu sich selbst zurückkehrt und beginnt, mit Energie das Netz moralischer Erstarrung zu zerreißen, in das sie verstrickt worden ist. Ähnlich kämpft ein von einem schmerzlichen Traum überwältigter Mensch in einem bestimmten Augenblick mit aller Kraft seiner Fähigkeiten gegen die Schrecken, von denen er sich anfänglich hat beherrschen lassen. Diese augenblicklich geschehende Beschränkung der Seele auf ein eingebildetes Nichts, mit dem Gefühl ihres Daseins, ist ein grausameres Leiden, als man es sich vorstellen kann, wenn man jenen Anschein von Ruhe betrachtet, der sich auf die Seele gesenkt hat. Jene erzwungene Ruhe, jene Nichtigkeit ihres Wesens, jene Ungewissheit ist es, was ihre Strafe bildet. Es ist die sie bedrückende Langeweile, die die furchtbarste Bestrafung darstellt. Denn sie nimmt nichts außer ihr selbst wahr, weder Dinge, noch Wesen. Sie sind für sie wahrhafte Finsternis.
Heiliger Ludwig
(Claire) Hier bin ich. Auch ich kann auf die gestellte Frage über die Finsternis antworten. Denn lange bin ich umhergeirrt und habe in den Bereichen der Vorhölle gelitten, wo alles Schluchzen und Jammer ist. Ja, die sichtbare Finsternis, von der die heilige Schrift spricht, ist vorhanden, und die Unglücklichen, die nach dem Ende ihrer irdischen Prüfungen unwissend oder schuldbeladen das Leben verlassen, werden in das kalte Gebiet versetzt, unwissend über sich selbst und ihr Schicksal. Sie glauben an die Ewigkeit ihrer Lage, sie stammeln noch die Worte aus dem Leben, die sie verführt haben. Sie wundern sich und erschrecken über ihre große Einsamkeit. Finsternis ist jener leerer und doch bevölkerter Ort, jener Raum, in dem, fortgerissen und seufzend, bleiche Geister umherirren, ohne Trost, ohne Liebe, ohne irgendwelche Hilfe. An wen sich wenden? ... Sie fühlen, wie die Ewigkeit auf ihnen lastet; sie zittern und vermissen die kleinlichen Angelegenheiten, die ihre Stunden bestimmten. Sie vermissen die Nacht, die, auf den Tag folgend, so oft ihre Sorgen in einem beglückenden Traum mitnahm. Die Finsternis ist für die Geister: die Unwissenheit, das Leere und der Schauder vor dem Unbekannten ... Ich kann nicht fortfahren ...
Claire
Man hat von diesem Dunkel auch folgende Erklärung gegeben:
"Der Perispirit besitzt von Natur aus eine leuchtende Urbeschaffenheit, die sich unter dem Einfluss der Tätigkeit und der Eigenschaften der Seele entwickelt. Man könnte sagen, dass diese Eigenschaften für das Fluidum des Perispirits das seien, was das Reiben für den Phosphor ist. Der Glanz des Lichtes steht im Verhältnis zur Reinheit des Geistes. Die geringsten moralischen Unvollkommenheiten trüben und schwächen ihn. Das Licht, das von einem Geist ausstrahlt, ist daher um so stärker, je weiter dieser fortgeschritten ist. Da der Geist gewissermaßen sein Lichtträger ist, so sieht er mehr oder weniger, entsprechend der Stärke des von ihm erzeugten Lichtes; woraus folgt, dass diejenigen, die keines hervorbringen, im Dunkeln sind."
Diese Theorie ist völlig richtig, was die Ausstrahlung des leuchtenden Fluidums der höheren Geister betrifft, was durch die Beobachtung bestätigt wird. Indessen scheint darin nicht die wahre oder wenigstens nicht die einzige Ursache der Erscheinung, um die es sich handelt, zu liegen, wenn man bedenkt: 1. Dass sich nicht alle niederen Geister in der Finsternis aufhalten; 2. Dass sich derselbe Geist abwechselnd im Licht und im Dunkeln befinden kann; 3. Dass das Licht für gewisse, sehr unvollkommene Geister eine Strafe ist. Wenn das Dunkel, in dem sich gewisse Geister befinden, ihrer Persönlichkeit eigen wäre, so wäre dieses für alle bösen Geister dauerhaft und allgemein, was nicht der Fall ist, da eben Geister von äußerster Verdorbenheit vollkommen sehen, während andere, die man nicht als verdorben bezeichnen kann, sich zeitweilig in tiefer Finsternis aufhalten. All das beweist also, dass die Geister außer dem ihnen eigenen, zugleich ein äußeres Licht empfangen, das ihnen je nach den Umständen fehlt; woraus man schließen muss, dass dieses Dunkel von einem fremden Willen oder einer fremden Ursache abhängt und dass es eine besondere Strafe für Fälle darstellt, die von der obersten Gerechtigkeit bestimmt sind.
Frage: (An Hl. Ludwig) Woher kommt es, dass die moralische Erziehung der nicht inkarnierten Geister leichter ist als die der inkarnierten? Die durch die Spiritistische Lehre hergestellten Beziehungen zwischen den Menschen und den Geistern haben Gelegenheit gegeben zu bemerken, dass die letzteren sich unter dem Einfluss heilsamer Ratschläge rascher bessern als diejenigen, die inkarniert sind, wie man an der Heilung Besessener sieht.
Antwort: (Pariser Gesellschaft) Der Inkarnierte ist schon aufgrund seiner Natur in einem Zustand des unaufhörlichen Kampfes entsprechend der entgegengesetzten Elemente, aus denen er zusammengesetzt ist und die ihn zu seinem von der Vorsehung bestimmten Ziel führen sollen, indem sie aufeinander reagieren. Die Materie unterliegt leicht der Beherrschung eines äußeren Fluidums. Wenn die Seele nicht beginnt, sich mit aller moralischen Kraft, derer sie fähig ist, dagegen zu wirken, so lässt sie sich durch das Mittel ihres Körpers beherrschen und folgt dem Antrieb der verderblichen Einflüsse, von denen sie umgeben ist, und zwar mit umso größerer Leichtigkeit als die Unsichtbaren, die sie in die Enge treiben, vorzugsweise die verwundbarsten Punkte, die Neigungen zur herrschenden Leidenschaft angreifen.
Für den entkörperten Geist verhält es sich ganz anders. Dieser steht zwar noch unter dem Einfluss halbmaterieller Dinge, aber dieser Zustand ist mit dem des Inkarnierten nicht zu vergleichen. Die so vorherrschende Rücksicht auf Menschen ist für ihn nichtig, und der Gedanke daran würde ihn nicht dazu bringen können, dass er lange den Gründen widersteht, die ihm sein eigener Vorteil als gut aufweist. Er kann kämpfen und tut es allgemein sogar mit größerer Heftigkeit als der Inkarnierte, weil er eben freier ist; weil kein kleinlicher Blick auf materiellen Vorteil oder auf gesellschaftliche Stellung kommt und sein Urteil behindert. Er kämpft aus Liebe zum Bösen, aber er bekommt bald das Gefühl seiner Ohnmacht gegenüber der moralischen Überlegenheit, die ihn beherrscht. Die Spiegelung einer besseren Zukunft findet eher Eingang bei ihm, weil er sich in demselben Leben bewegt, in dem sie sich erfüllen soll und weil diese Aussicht nicht durch den Strudel menschlicher Vergnügen getrübt wird. Mit einem Wort, da er nicht mehr unter dem Einfluss des Fleisches steht, so macht das eben seine Bekehrung leichter, besonders dann, wenn er eine gewisse Entwicklung durch die Prüfungen, denen er sich unterzogen hat, erworben hat. Ein ganz und gar am Anfang stehender Geist wäre der Vernunft wenig zugänglich; anders aber steht es bei dem, der schon Lebenserfahrung hat. Übrigens, beim Inkarnierten wie beim Desinkarnierten muss durch das Gefühl auf die Seele eingewirkt werden. Jede äußerliche Wirkung kann vorübergehend die Leiden eines lasterhaften Menschen aufheben, aber sie kann nicht den zarten Keim zerstören, der in der Seele liegt. Kein Schritt, der nicht bezweckt, die Seele zu verbessern, vermag sie vom Bösen abzuwenden.
Heiliger Ludwig