Ein Atheist
Herr J. B. D ... war ein gebildeter Mann, aber im höchsten Maße durchdrungen von den materialistischen Gedanken, glaubte er weder an Gott noch an seine Seele. Er wurde zwei Jahre nach seinem Tod auf die Bitte eines seiner Verwandten in der spiritistischen Gesellschaft von Paris angerufen.
Anrufung:
Antwort: Ich leide! Ich bin verstoßen.
Frage: Wir wurden von Ihren Verwandten, die etwas über Ihr Schicksal erfahren möchten, gebeten, Sie zu rufen. Würden Sie uns bitte sagen, ob unsere Anrufung Ihnen angenehm oder peinlich ist!
Antwort: Peinlich.
Frage: Ist Ihr Tod freiwillig gewesen?
Antwort: Ja.
Der Geist schreibt mit äußerster Schwierigkeit. Die Schrift ist sehr grob, unregelmäßig, krampfhaft und fast unlesbar. Anfangs zeigt er Zorn, zerbricht den Bleistift und zerreißt das Papier.
Frage: Seien Sie ruhiger, wir alle werden Gott für Sie bitten.
Antwort: Ich bin gezwungen, an Gott zu glauben.
Frage: Was hat Sie dazu bringen können, sich umzubringen?
Antwort: Lebensüberdruss ohne Hoffnung.
Bemerkung: Man versteht einen Selbstmord, wenn das Leben hoffnungslos ist. Man will dem Unglück um jeden Preis entrinnen. Bei der Spiritistischen Lehre offenbart sich die Zukunft, und die Hoffnung ist gerechtfertigt: der Selbstmord hat somit keinen Zweck mehr. Vielmehr erkennt man, dass man durch dieses Mittel einem Übel entrinnt, nur um wieder in ein anderes zu geraten, das hundertmal schlimmer ist. Darum hat die spiritistische Lehre so viele Opfer dem freiwilligen Tod entrissen. Diejenigen sind sehr schuldig, die sich Mühe geben, mittels wissenschaftlicher Scheingründe und sozusagen im Namen der Vernunft jenen verzweifelten Gedanken glaubhaft erscheinen zu lassen, eine Quelle so vieler Leiden und Verbrechen, dass mit diesem Leben alles zu Ende geht! Sie werden verantwortlich sein, nicht nur für ihre eigenen Irrtümer, sondern für all die Übel, deren Ursache sie gewesen sein werden.
Frage: Sie wollten den Wechselfällen des Lebens entkommen, haben Sie etwas dabei gewonnen? Sind Sie nun glücklicher?
Antwort: Warum besteht das Nichts nicht?
Frage: Bitte seien Sie so gut, uns so genau wie Sie es können, Ihre Lage zu beschreiben.
Antwort: Ich leide darunter, dass ich gezwungen bin, an all das zu glauben, was ich leugnete. Es ist, als ob meine Seele in einem Glutofen wäre, sie wird schrecklich gequält.
Frage: Woher kamen Ihnen die materialistischen Gedanken, die Sie zu Lebzeiten hatten?
Antwort: In einem anderen Leben war ich böse gewesen, und mein Geist war dazu verurteilt, die Qualen des Zweifels mein Leben lang zu erleiden. Auch habe ich mich umgebracht.
Bemerkung: Hier gibt es eine ganze Reihe von Gedanken. Oft fragt man sich, wie es Materialisten geben kann, da sie ja das Jenseits bereits durchschritten haben und eigentlich jetzt davon eine Ahnung besitzen sollten. Nun ist es gerade diese Ahnung, die gewissen Geistern versagt ist, die ihren Hochmut bewahrt und ihre Sünden nicht bereut haben. Ihre Prüfung besteht darin, dass sie während der körperlichen Existenz und durch ihre eigene Vernunft den Beweis der Existenz Gottes sowie des künftigen Lebens erlangen sollen, das sie unaufhörlich vor Augen haben. Oft aber behält der Hochmut, der nichts über sich gelten lassen will, noch die Oberhand, und sie müssen die Strafe dafür erleiden, bis ihr Hochmut gebändigt ist und sie sich endlich den Tatsachen ergeben.
Frage: Als Sie sich ertränkt haben, was sollte da nach Ihrer Meinung aus Ihnen werden? Welche Gedanken hatten Sie zu diesem Zeitpunkt?
Antwort: Gar keine, es war für mich das Nichts. Danach habe ich gesehen, dass ich, da ich meine ganze Strafe noch nicht gebüßt habe, noch sehr zu leiden haben werde.
Frage: Sind Sie jetzt von der Existenz Gottes, der Seele und des künftigen Lebens fest überzeugt?
Antwort: Ach, ich werde nur zu sehr dafür gequält.
Frage: Haben Sie Ihren Bruder wiedergesehen?
Antwort: Oh, nein.
Frage: Warum ist das so?
Antwort: Warum unsere Qualen vereinen? Man verbannt sich im Unglück, man vereinigt sich im Glück, leider.
Frage: Wäre es schön, Ihren Bruder wiederzusehen, den wir an Ihre Seite rufen könnten?
Antwort: Nein, nein, ich bin auf einer viel niedrigeren Stufe.
Frage: Warum wollen Sie nicht, dass wir ihn rufen?
Antwort: Darum, weil er nicht glücklich ist, auch er nicht.
Frage: Sie fürchten seinen Anblick. Das könnte Ihnen nur gut tun.
Antwort: Nein, später.
Frage: Wünschen Sie, Ihren Verwandten etwas ausrichten zu lassen?
Antwort: Sie mögen für mich beten.
Frage: Es scheint, dass in der Gesellschaft, in der Sie verkehrten, einige die Meinungen teilten, die Sie während Ihren Lebzeiten hatten. Sollten Sie ihnen diesbezüglich etwas zu sagen haben?
Antwort: Ach, die Unglücklichen! Könnten sie an ein anderes Leben glauben! Das ist das Beglückendste, das ich ihnen wünschen kann. Wenn sie meine traurige Lage begreifen könnten, würde sie das wohl zum Nachdenken bringen.
(Anrufung seines Bruders, der sich zu denselben Anschauungen bekennt, sich jedoch nicht umgebracht hat. Obwohl er unglücklich ist, ist er ruhiger und seine Schrift ist zierlich und lesbar.)
Anrufung:
Antwort: Möge euch die Darstellung unserer Leiden eine nützliche Lehre sein und euch überzeugen können, dass es ein anderes Leben gibt, in dem man seine Sünden und seinen Unglauben büßt.
Frage: Sehen Sie Ihren Bruder, den wir vorhin gerufen haben?
Antwort: Nein, er weicht mir aus.
Bemerkung: Man könnte fragen, warum sich die Geistwesen in der geistigen Welt aus dem Weg gehen können, in der doch keine äußeren Hindernisse, noch dem Blick verborgene Schlupfwinkel vorhanden sind. In jener Welt ist eben alles entsprechend der Beziehung und steht im Verhältnis zur (fluidischen) Grundbeschaffenheit der Wesen, die sie bewohnen. Nur die höheren Geister haben ein unbegrenztes Wahrnehmungsvermögen. Bei den niederen Geistwesen ist dieses beschränkt, und für sie sind die fluidischen Hindernisse von der Wirkung her grobstofflicher. Die Geister entziehen sich untereinander dem Blick durch ihre Willenskraft, die auf ihre sie kleidende Hülle und die umgebenden Fluide wirkt. Die Vorsehung jedoch, die über jeden im besonderen und über allen als ihren Kindern wacht, lässt oder versagt ihnen jene Fähigkeit gemäß den moralischen Eigenschaften eines jeden. Je nach den Umständen ist es eine Bestrafung oder eine Belohnung.
Frage: Sie sind ruhiger als er. Könnten Sie uns wohl eine genauere Beschreibung Ihrer Leiden geben?
Antwort: Leidet ihr auf der Erde nicht in eurem Egoismus und in eurem Hochmut, wenn ihr gezwungen seid, euer Unrecht einzugestehen? Empört sich euer Geist nicht gegen den Gedanken, euch vor dem zu demütigen, der euch beweist, dass ihr im Irrtum seid? Nun! Wie glaubt ihr, wie leidet ein Geistwesen, das sich während einer ganzen irdischen Existenz eingeredet hat, dass nach dem Tod nichts existiert, dass er gegen alle Recht habe? Wenn er sich dann plötzlich der offenkundigen Wahrheit gegenüber findet, so ist er vernichtet und er fühlt sich gedemütigt. Hierzu kommt noch der innere Vorwurf darüber, dass er das Dasein eines so guten, so nachsichtigen Gottes hat vergessen können. Sein Zustand ist unerträglich. Er findet weder Frieden noch Ruhe. Auch wird er erst ein bisschen Beruhigung in der Stunde finden, in der ihn die heilige Gnade, d. h. Gottes Liebe berühren wird. Denn der Hochmut bemächtigt sich dermaßen unseres armen Geistes, dass er ihn ganz einhüllt, und es noch sehr viel Zeit für ihn braucht, um sich von diesem verhängnisvollen Gewand zu befreien. Nur das Gebet unserer Geschwister vermag uns dabei zu helfen, es loszuwerden.
Frage: Meinen Sie die inkarnierten Geschwister oder die Geistwesen?
Antwort: Beide, die einen und die anderen.
Frage: Während wir uns mit Ihrem Bruder unterhielten, hat jemand der hier Anwesenden für ihn gebetet. Ist ihm dieses Gebet von Nutzen gewesen?
Antwort: Es wird nicht verloren sein. Stößt er jetzt die Gnade von sich, so wird er sich daran erinnern, sobald er im Stande sein wird, auf dieses göttliche Allheilmittel zuzugreifen.
Bemerkung: Wir sehen hier eine andere Art von Strafe, die aber nicht bei allen Ungläubigen gleich ist. Unabhängig vom Leiden ist es eine Notwendigkeit für diesen Geist, die Wahrheiten anzuerkennen, die er zu seinen Lebzeiten geleugnet hat. Seine gegenwärtigen Vorstellungen zeigen einen gewissen Fortschritt im Vergleich zu anderen Geistwesen, die an der Verleugnung Gottes festhalten. Das ist schon etwas und ein Aufkeimen von Demut, zuzugeben, dass man sich getäuscht hat. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass der Unglaube in seiner nächsten Inkarnation dem angeborenen Gefühl des Glaubens Platz gemacht haben wird.
Das Ergebnis dieser beiden Anrufungen wurde dem Herrn übermittelt, der uns gebeten hatte, dies zu bewerkstelligen, und wir empfingen von ihm die folgende Antwort:
"Sie können nicht glauben, mein Herr, was Gutes durch die Anrufung meines Stiefvaters und meines Onkels bewirkt worden ist.'' Wir haben dieselben vollkommen wiedererkannt. Zumal die Schrift des Ersteren eine sehr große Ähnlichkeit mit jener hat, die er zu seinen Lebzeiten hatte, um so mehr als diese während der letzten Monate, die er bei uns zugebracht hat, verzerrt und nicht zu entziffern war. Man findet da die Form der Grundstriche, der Schriftzeichen und gewisser Buchstaben wieder. Bezüglich der Worte, der Ausdrücke und der Schreibart ist das noch eindeutiger. Für uns ist die Ähnlichkeit vollkommen, bis auf die Tatsache, dass er aufgeklärter ist über Gott, die Seele und die Ewigkeit, die er früher so stark leugnete. Wir sind also von seiner Identität vollkommen überzeugt. Gott wird durch unseren um so festeren Glauben an die spiritistische Lehre verherrlicht, und unsere Brüder, Geistwesen und Inkarnierte werden dadurch besser. Die Identität seines Bruders ist nicht weniger offensichtlich; bei dem großen Unterschied zwischen dem Atheisten und dem Gläubigen haben wir seinen Charakter, seine Schreibart und Redewendungen wiedererkannt. Ein Wort ist uns vor allem aufgefallen, es ist das Wort "Allheilmittel" (Panacee), das hatte er sich angewöhnt; er sagte und wiederholte es bei jeder Gelegenheit.”
"Ich habe diese beiden Anrufungen mehreren Bekannten mitgeteilt, die von ihrer Echtheit überrascht waren. Aber die Ungläubigen, die die Meinungen meiner beiden Verwandten teilen, hätten lieber noch entschiedenere Antworten gehabt, dass Herr D... z.B. genau den Ort angibt, wo er beerdigt worden ist, den, an dem er sich ertränkt hat; wie er sich verhalten hat, usw. Um sie zufriedenzustellen und zu überzeugen, könnten Sie ihn da nicht von Neuem anrufen, und in diesem Fall würden sie wohl bitte folgende Fragen an ihn richten: wo und wie er seinen Selbstmord begangen hat, wie lange er unter Wasser geblieben ist, an welchem Ort sein Körper wiedergefunden wurde und an welcher Stelle er bestattet worden ist, in welcher bürgerlichen oder kirchlichen Weise man ihn beerdigt hat, usw.”
"Würden Sie, ich bitte Sie, mein Herr, diese Fragen mit ganzer Entschiedenheit beantworten lassen. Sie wird wichtig sein für die, die noch zweifeln. Ich bin überzeugt, dass es von großem Nutzen sein wird. Ich richte es so ein, dass mein Brief Sie morgen, Freitag, erreicht, damit Sie den besagten Anruf in der spiritistischen Sitzung durchführen können, die an jenem Tag stattfinden soll, usw.”
Wir haben diesen Brief wiedergegeben wegen der tatsächlichen Identität, die er feststellt. Wir fügen die Antwort bei, die wir darauf gegeben haben, zur Unterweisung derer, die mit Mitteilungen aus dem Jenseits nicht vertraut sind.
“Die Fragen, die Sie uns von Neuem an den Geist Ihres Stiefvaters zu richten bitten, sind ohne Zweifel von einer löblichen Absicht eingegeben, nämlich der, Ungläubige zu überzeugen. Denn bei Ihnen mischt sich kein Gefühl von Zweifel und Neugier bei. Jedoch hätte eine größere Kenntnis der spiritistischen Wissenschaft Sie erkennen lassen, dass diese überflüssig sind. Zunächst wissen Sie, indem Sie mich bitten, Ihren Verwandten mit Entschiedenheit antworten zu lassen, ohne Zweifel nicht, dass man die Geister nicht nach Belieben lenkt. Sie antworten, wann sie wollen, wie sie wollen und häufig, wie sie können. Ihre Freiheit zu handeln ist noch größer als sie es zu ihren Lebzeiten war, und sie haben mehr Mittel, einem moralischen Zwang zu entrinnen, den man auf sie ausüben möchte. Die besten Identitätsbeweise sind die, die sie aus freien Stücken und aus eigenem Willen geben oder die sich aus den Umständen ergeben, und es ist meistens vergeblich, wenn man diese herbeizuführen sucht. Ihr Verwandter hat seine Identität nach Ihrer Meinung auf unwiderlegbare Weise bewiesen. Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass er sich weigern würde, auf Fragen zu antworten, die er mit gutem Recht für überflüssig ansehen kann und die in der Absicht gestellt wurden, die Neugierde von Leuten zu befriedigen, die ihm gleichgültig sind. Er würde antworten, wie das oft andere Geistwesen im gleichen Fall getan haben: "Wozu fragt ihr mich Dinge, die ihr wisst?" Ich darf sogar hinzufügen, dass der Zustand der Verwirrung und des Leidens, in dem er sich befindet, ihm Nachforschungen dieser Art noch schmerzvoller machen muss. Das ist genauso, als ob man einen Kranken, der kaum denken und sprechen kann, zwingen wollte, die Einzelheiten seines Lebens zu erzählen. Das würde sicherlich heißen, die Rücksicht außer Acht zu lassen, die man seiner Lage schuldet.
Was das Ergebnis angeht, das Sie davon erhofften, so würde es gleich Null sein, seien Sie überzeugt davon! Die Identitätsbeweise, die geliefert worden sind, haben gerade dadurch einen weit größeren Wert, dass sie unaufgefordert sind und die durch nichts zustande gebracht werden konnten. Wenn die Ungläubigen damit nicht zufrieden sind, so würden sie es nicht mehr sein, vielleicht noch weniger durch vorgegebene Fragen, die in ihnen den Verdacht eines Einverständnisses erwecken könnten. Es gibt Leute, die nichts überzeugen kann. Sie würden ihren Verwandten mit eigenen Augen in Gestalt sehen und sich den Spielball einer Sinnestäuschung nennen.
Zwei Worte noch, mein Herr, über die Bitte, die Sie an mich stellen: diese Anrufung an diesem Tage zu tun, an dem ich Ihren Brief empfangen sollte. Die Anrufungen geschehen nicht einfach nach Belieben. Die Geistwesen antworten nicht immer auf unseren Ruf. Es ist notwendig, dass sie es können oder dass sie es wollen. Außerdem braucht man dazu ein Medium, das ihnen zusagt und das die notwendigen besonderen Eigenschaften hat. Dieses Medium muss zum gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehen und die Umgebung muss der Art des Geistes entsprechen, usw.; lauter Umstände, für die man niemals bürgen kann und die man kennen sollte, wenn man die Sache ernst betreiben will.”